Giorgio Perlasca
Biographie
Hilfe für ungarische Juden
Schicksal Perlascas nach Befreiung Ungarns
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Biographie
Giorgio Perlasca, geb. am 31. Januar 1910 in Como/Italien, wuchs in einer königstreuen Familie auf. 1935 nahm er als Freiwilliger am Abessinenkrieg teil. Schließlich ging er 1936 nach Spanien, um auf Francos Seite gegen die Republik zu kämpfen. Nach seiner Hochzeit wurde er Einkäufer für eine Fleischfabrik. Dies führte ihn nach Triest, seit 1941 auch nach Zagreb und Belgrad. Er betrachtete sich als einen "anständigen Faschisten", und konnte daher die Einführung der Rassengesetze 1938 in Italien nicht akzeptieren. Seit dem Oktober 1942 vertrat er die Im- und Export Firma in Ungarn. Daher hielt Perlasca sich längere Zeit auch in Budapest auf. Als Italien im September 1943 einen Waffenstillstand mit den Alliierten schloß, konnte er seine Geschäfte nicht fortführen, da die Ware beschlagnahmt wurde. Als feindlicher Ausländer mußte er untertauchen. Im April 1944 stellte er sich schließlich den ungarischen Behörden und wurde in Kékes interniert. Trotz guter Behandlung floh er und tauchte am 15. Oktober in Budapest unter.
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Hilfe für ungarische Juden
Perlasca suchte den spanischen Botschafter Angel Sanz Briz auf. Von ihm erhielt er nicht nur einen spanischen Paß, sondern auch einen Diplomatenausweis, da er sich bereit erklärte, bei der Versorgung von spanischen Schutzhäusern zu helfen. Zu dieser Zeit gab es acht solcher Schutzhäuser Spaniens. Es hielten sich dort wenige hundert Juden auf, die den Terror der Pfeilkreuzler fürchten mußten. Perlasca organisierte das Leben in den Häusern. Er stellte selbst Schutzpässe aus und wurde bei ungarischen Behörden vorstellig, um gegen Übergriffe zu protestieren. Dies geschah bis zum 30. November 1944 im Auftrag und mit Zustimmung von Sanz Briz. Dieser reiste dann aber in die Schweiz. Giorgio Perlasca blieb und ernannte sich selbst zum Stellvertreter von Sanz Briz. Mit Unterstützung der Botschaftsangestellten, ohne Wissen von Spanien, blieb so die spanische Botschaft in Budapest offen.
Perlasca orientierte sich an dem Handeln Wallenbergs. Mit ihm fuhr er auch manchmal zu Bahnhöfen, um Juden zu retten. Bis zum Kriegsende gelang es ihm, als vermeintlich berechtigter spanischer Vertreter zu agieren.
Am 16. Januar 1945 besetzte schließlich die Rote Armee die spanische Legation. Um die 5000 Menschen verdanken Giorgio Perlasca ihr Leben.
Giorgio Perlasca über seine Tätigkeit:
"Ich konnte den Anblick von Menschen, die fortgetrieben wurden wie Tiere, einfach nicht ertragen. Ich konnte es nicht ertragen, zusehen zu müssen, wie Kinder umgebracht wurden. Ich glaube, das war der Grund, denn ein Held war ich wirklich nicht. Im Grunde genommen bot sich mir eine Chance, und ich habe sie genutzt. Bei uns gibt es ein Sprichwort: Gelegenheit macht Diebe. Naja, und aus mir hat sie eben etwas anderes gemacht. Auf einmal war ich Diplomat und für viele Menschen verantwortlich. Was meinen Sie, was ich hätte tun sollen? Daß ich nur ein falscher Diplomat war, war bestimmt von Vorteil, denn ich konnte Dinge tun, die ein echter Diplomat nicht getan hätte. Diplomaten sind ja eigenartige Leute. Es ist nicht so, daß sie wirklich die Freiheit hätten zu tun, was sie wollen. Da ist die Etikette, da sind Formalitäten und Hierarchien, die berücksichtigt werden wollen, da ist die eigene Karriere. Viele Ecken und Kanten, die mich alle nicht störten."
"Das Dokument (Note der Neutralen vom 17.11.) war äußerst wichtig. Aber damals war ich verblüfft, wie Diplomaten arbeiten. Zum Beispiel waren sie völlig unfähig, ihren Lebensstil zu ändern. Nur höchst selten traf ich einen von ihnen vor elf Uhr morgens an. Es war schwierig, sie dazu zu bringen, ein an Zeremonien, offizielle Zusammenkünfte, Salons und Empfänge gewohntes Leben aufzugeben, keiner von ihnen suchte jemals die Schutzhäuser auf, über deren Türen die Fahnen ihrer Länder wehten, obgleich ihre Anwesenheit eine sehr große Hilfe gewesen wäre. Nur Wallenberg, aber der war kein Diplomat, hatte als einziger sofort begriffen, daß nicht die Papiere das Wichtigste waren, sondern Taten. Was ihn von den anderen unterschied, war, glaube ich, sein Sinn für Menschlichkeit und seine Treue zur Ehre seines Landes, was die anderen, ehrlich gesagt, nicht hatten, Er kam mit einer Mission, ja, er betrachtete seine Arbeit eben als eine Mission."
(Deaglio, S. 11, 100)
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Schicksal Perlascas nach Befreiung Ungarns
Im Juni 1945 kehrte Perlasca nach Italien zurück. Sein Vermögen war ihm in der Budapester Zeit verloren gegangen, zurück blieben Schulden. Sanz Briz wandte sich von ihm ab, und wollte selbst als "der Retter" gelten. Perlasca blieb ungewürdigt und mußte in ärmlichen Verhältnissen leben. Erst vierzig Jahre später erkannte die Öffentlichkeit seine Taten an. Perlasca wurde weltweit gewürdigt. Von Ungarn wurde ihm der höchste Orden verliehen, in Italien bekam er das Ritterkreuz. Israel ernannte ihn zu einem "Gerechten unter den Völkern" und verlieh ihm die Ehrenbürgerschaft. Perlasca selbst blieb bis zu seinem Tod im August 1992 bescheiden:
"Was habe ich schon Großartiges getan? Vor allem habe ich den Leuten eine Menge Lügengeschichten erzählt".
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