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Rettungsbemühungen im Dezember 1944

Die Gesandtschaften der neutralen Länder bleiben in Budapest

Treffen zwischen Wallenberg und Eichmann

Übergriffe der Pfeilkreuzler auf Schutzhäuser

Die Rettung des Allgemeinen Ghettos

Verhinderung der Auflösung des Internationalen Ghettos

 

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Die Gesandtschaften der neutralen Länder bleiben in Budapest

Im Dezember informierte Szálasi den schwedischen Gesandten Danielsson, daß die antijüdischen Maßnahmen auch auf die geschützten Juden ausgeweitet werden würden, da eine Anerkennung seiner Regierung durch die neutralen Staaten nicht erfolgt war. Ungarn forderte die Diplomaten auf, Budapest zu verlassen. Sie sollten sich nach Sopron begeben, wo sich bereits die Pfeilkreuzler-Regierung befand. Nachdem sich die Diplomaten weigerten, die Gesandtschaft zu verlegen, wurde die schwedische Gesandtschaft von Pfeilkreuzlern attackiert. Nach gemeinsamen Protesten konnte schließlich auch die Gültigkeit der Schutzpässe wieder erreicht werden. Gegen Übergriffe von Pfeilkreuzlern protestierten Wallenberg und Lutz fast täglich beim Außenminister von Kemény.

Wallenberg mußte den Pfeilkreuzlern eine bestimmte Zahl von geschützten Juden zur Arbeit zur Verfügung stellen. Die Arbeiter kehrten aber jeden Abend in die Schutzhäuser zurück.

 

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Treffen zwischen Wallenberg und Eichmann

Raoul Wallenberg traf sich eines Tages zum Abendessen mit Adolf Eichmann. Die Begegnung fand im Haus des schwedischen Gesandten Lars Berg statt. Dieser beschrieb das Treffen später so:

Wallenberg startete "eine Diskussion über die NS-Lehre und die zu erwartende Entwicklung des Krieges. In furchtlosen, klaren und logischen Sätzen zerriß Raoul die Nazi Lehre in Stücke und sagte allen Nazis eine sehr schnelle und vollständige Zerstörung voraus. (...) Eichmann erwiderte schließlich: "Ich stimme zu, daß Sie recht haben, Herr Wallenberg. (...) Für mich wird es keine Rettung geben, aber wenn ich meinen Befehlen aus Berlin nachkomme und meine Macht hier in Budapest weiterhin rücksichtslos ausübe, werde ich in der Lage sein, meine Tage der Gunst zu verlängern. Ich warne Sie deshalb, Herr Legationssekretär, ich werde mein Äußerstes geben, um sie zu bekämpfen und Ihr schwedischer Diplomatenpaß wird Ihnen nicht helfen, wenn ich es für notwendig erachte, Sie zu beseitigen." Selbst einem neutralen Diplomaten könnte ein Unglück zustoßen."

(Berg, S. 15f)

Adolf Eichmann war über Raoul Wallenberg so verbittert, daß er bei anderer Gelegenheit gegenüber Mitarbeiten des schwedischen Roten Kreuzes drohte, "den Judenhund Wallenberg" erschießen zu lassen. Dies führte zum offiziellen Protest Schwedens in Berlin. Nachfolgend die Reaktion im Auswärtigen Amt in Berlin:

"Der Schwedische Gesandte suchte mich heute auf und teilte mir Folgendes im Auftrage seiner Regierung mit:

Der Chef des SS-Kommandos für die Lösung der Judenfragen in Budapest habe angeblich durch einen Herrn Eichmann einem Angestellten des Schwedischen Roten Kreuzes in Budapest mitgeteilt, daß er die Absicht habe, den sogenannten Judenhund Wallenberg zu erschießen. Es handelt sich um den Legationssekretär Wallenberg, der bei der Schwedischen Gesandtschaft in Budapest tätig ist und vor allem die Frage der Erteilung von Schutz-Pässen für Juden bearbeitet. Äußerungen ähnlicher Art hat der Stellvertreter des SS-Kommandochefs namens Droegger getan. Ferner sei gemeldet worden, daß ein jüdischer Angestellter der Gesandtschaft mit seinen 3 Familienmitgliedern durch unbekannte Täter erschossen worden sei. Auf meine Frage bemerkte der Schwedische Gesandte, daß dieser Angestellte der Schwedischen Gesandtschaft wahrscheinlich ungarischer Staatsangehöriger sei.

Gesandter Richert fügte hinzu, er sei beauftragt worden, Vorstehendes dem Auswärtigen Amt mitzuteilen mit der dringenden Bitte, die zuständigen Stellen in Budapest anzuweisen, dahin zu wirken, daß kein Schwede und kein Angehöriger der Schwedischen Gesandtschaft erschossen würden.

Ich habe dem Schwedischen Gesandten gesagt, daß wir seine Mitteilungen nachprüfen würden, daß aber die von ihm erwähnten Äußerungen, falls sie wirklich gefallen seien, sicher nicht ernst gemeint gewesen seien. Der Gesandte räumte diese Möglichkeit ein, verwies aber darauf, daß die zur Zeit voraussichtlich in Budapest herrschende aufgeregte Stimmung zu ernsten Zwischenfällen führen könne.

Erbitte Drahtbericht.

Erdmannsdorff"

(Telegramm des Gesandten von Erdmannsdorff an die deutsche Botschaft in Budapest vom 17.12.1944; IfZ Eich 1121)

Veesenmayer antwortete darauf am 20. Dezember 1944:

"Gesandtschaftsrat Grell berichtete, dass es den Tatsachen entspricht, dass Führer SD-Judensondereinsatzkommando SS Obersturmbannführer Eichmann und sein Vertreter, SS Untersturmführer Danniger des öfteren in letzter Zeit berechtigten Anlass zu Kritik gegen Angehörige Judenbüros Budapester schwedischer Gesandtschaft gehabt haben. Dies zutrifft insbesondere für Legationssekretär Wallenberg, der sich in durchaus unüblicher Weise für ungarische Juden eingesetzt hat, die zum Grenzarbeitsdienst eingezogen waren. Es feststeht auch, dass dabei mit absolut illegalen Mitteln versucht wurde, diese unter Schutzpassverteilung der gesetzlich verankerten Arbeitsverpflichtung zu entziehen. Aus dieser Stimmung heraus sind berichtete Äußerungen möglicherweise gefallen, jedoch nicht als ernsthafte Drohung sondern vielmehr um auf weitere derartige Manipulationen abschreckend zu wirken. Erwähnte jüdische Angestellte sind ungarische Staatsangehörige mit schwedischen Schutzpässen. Eine endgültige Sachdarstellung kann jedoch erst nach Befragen des Obersturmbannführers Eichmann, der sich zur Zeit unterwegs befindet, gegeben werden. Sobald dies möglich ist folgt weiterer Bericht.

Veesenmayer"

(IfZ Eich 1122)

 

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Übergriffe der Pfeilkreuzler auf Schutzhäuser

Ende Dezember verstärkten sich Überfälle von Pfeilkreuzlern auf Schutzhäuser. Auch schwedische Häuser blieben nicht davon verschont. Hunderte Juden wurden ermordet und in die Donau geworfen. Auch Kinderheime wurden angegriffen.

Raoul Wallenberg protestierte am 22.12.1944 beim ungarischen Außenminister und forderte die Anerkennung weiterer Schutzpässe:

"Unter dem Druck dieser Entwicklungen hat die schwedische Regierung die Königliche Schwedische Gesandtschaft ermächtigt, weiterhin Schutzpässe auszustellen, so daß solche Personen, welche so weit kein solches Dokument erhalten haben, repatriiert werden können. Diese Leute stehen in der selben geschäftlichen Beziehung zu Schweden, wie andere Inhaber von Schutzpässen. Da die Königliche Gesandtschaft fühlt, daß sie nicht länger die Ausführung der Anweisungen von ihrer eigenen Regierung verzögern kann, bitten wir die Königliche Ungarische Regierung bei den zuständigen Stellen für die Anerkennung der Ausstellung weiterer Schutzpässe einzuschreiten."

(Levai "Wallenberg, S. 149f)

An Weihnachten wurden zwei unter dem Schutz Schwedens und des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes stehende Kinderheime überfallen. Die Pfeilkreuzler erschossen mehrere Menschen, darunter drei Kinder im Alter zwischen 1 1/2 und 3 Jahren.

Bei einem Überfall auf ein schwedisches Gesandtschaftsgebäude in der Jókai-Straße 1 wurden von 280 Bewohnern 180 ermordet.

Wallenberg konnte nach Verhandlung mit einem Bandenführer der Pfeilkreuzler erreichen, daß die Überfälle nach dem 8. Januar 1945 eingestellt wurden.

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Die Rettung des Allgemeinen Ghettos

In einer Note wandten sich die neutralen Mächte am 23. Dezember gegen Pläne, die Kinderheime in das Allgemeine Ghetto zu verlegen:

"Die unterfertigten Vertreter der neutralen Mächte wandten sich schon zweimal höflichst an die königliche ungarische Regierung, um für die verfolgten und vogelfrei erklärten Juden zu intervenieren

Jetzt, wo es die königliche Regierung für nötig hält - es wäre fehl am Platz, über die Motive dieser Anordnung zu debattieren -, die Juden in das Ghetto zu sperren, treten die Vertreter der neutralen Mächte noch einmal dafür ein, daß wenigstens die Kinder von dieser Anordnung ausgenommen werden.

Es wäre völlig unverständlich, Unschuldige zu bestrafen oder Maßnahmen angeblich zum Selbstschutz gegen solche Wesen zu treffen, die ja zu schaden gar nicht imstande sind.

Auch wenn Sie der Meinung wären, daß Sie sich gegen die Möglichkeit von Unruhen versichern müssen, wäre es unverständlich, solche Befürchtungen vor Kindern zu haben. Wir hören die Behauptung, die Juden seien Ungarns Feinde, doch das Recht und Gewissen verurteilt auch noch im Krieg alle feindlichen Tätigkeiten gegenüber Kindern.

Warum denn diese unschuldigen Wesen dazu zwingen, daß sie an einem Orte leben, der in vielem einem Gefängnis ähnelt; wo die armen Kleinen nichts anderes als Elend, Leiden und die Verzweiflung der Greise und Frauen sehen werden, die nur wegen ihrer rassischen Abstammung verfolgt werden?

Alle zivilisierten Völker nehmen auf Kinder Rücksicht, und die ganze Welt wäre schmerzlich überrascht, wenn das traditionell christliche und ritterliche Ungarn gegen diese Kleinen vorgehen wollte.

Die Vertreter der neutralen Mächte hoffen zuversichtlich, daß die königliche Regierung ihrem Wunsch entgegenkommt und gestattet, daß alle Kinder (samt ihren Müttern, wenn es sich um Säuglinge handelt) außerhalb des Ghettos, auf den von diplomatischen Gesandtschaften eingerichteten Schutzstellen, oder in den verschiedenen Anstalten des Roten Kreuzes bleiben. Während der Abwicklung dieser Aktion, die nur menschenfreundliche Absichten hat, wird gesorgt werden, daß nur politisch einwandfreie und zur guten patriotischen Erziehung der Kinder fähige Personen auserwählt werden.

Budapest, am 23. Dezember 1944

Der Apostolische Nuntius Angelo Rotta

Der schwedische Minister Carl Joan Danielsson

Der Schweizer Geschäftsträger Harald Feller

Der spanische Geschäftsträger Jorge Perlasca

Der portugiesische Geschäftsträger Graf Pongratz"

(Levai "Geheime Reichssache", S. 60 f)

 

 

Raoul Wallenberg bezog Ende Dezember eine Wohnung in Pest, um näher bei seinen Schützlingen zu sein. Um Anschlägen zu entgehen, mußte er ständig seine Unterkunft wechseln. Am 23.12.1944 floh Eichmann mit seinem Kommando aus Budapest, um den Russen zu entkommen. Zuvor soll er noch die Liquidierung des Allgemeinen Ghettos befohlen haben. Über den Hergang der Rettung des Ghettos gibt es verschiedene Ansichten. Nach einer Version soll Wallenberg im Januar 1945 den deutschen General Schmidthuber aufgesucht haben. Er soll ihm gedroht haben, daß er nach der Befreiung von Budapest als Kriegsverbrecher hingerichtet werden würde. Schmidthuber habe sich daraufhin entschlossen, die Liquidierung des Ghettos zu verhindern.

Nach einer anderen Ansicht sei es für Wallenberg zu gefährlich gewesen, persönlich bei Schmidthuber zu erscheinen. Ein Verbündeter Wallenbergs sei zu Schmidthuber gegangen. Es ist davon auszugehen, daß die Rettung direkt oder indirekt auf Wallenberg zurückzuführen ist. Etwa 70.000 Juden waren damit gerettet.

 

 

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Verhinderung der Auflösung des Internationalen Ghettos

Anfang Januar sollte das Internationale Ghetto aufgelöst werden. Dies war als Reaktion auf die nicht erfolgte Anerkennung des Szálasi-Regimes durch die neutralen Staaten gedacht. Die durch den Vatikan und Portugal geschützten Juden wurden als erste in das bereits überfüllte Allgemeine Ghetto überführt. Nachdem auch ein Teil von schwedischen Juden übergewechselt war, konnte u.a. durch Wallenberg das Ende der Umsiedlung erreicht werden. Die übrigen Juden konnten in den Häusern im Internationalen Ghetto bleiben.

Raoul Wallenberg äußerte sich in einem Memorandum an die höchste deutsche Militärbehörde in Budapest am 3.1.1945 dazu:

"Die Gesandtschaft (hat) die Information erhalten, daß ... 35.000 Bewohner des internationalen Ghettos zu Fuß ins Ghetto geschickt werden sollen ... . Dieser Plan muß nach allen menschlichen Überlegungen als vollkommen geisteskrank und bestialisch betrachtet werden. Die Königliche Gesandtschaft weiß von keinen vergleichbaren Plan, der je von einer Regierung eines zivilisierten Landes in der Geschichte versucht worden wäre."

(Levai "Wallenberg", S 183)

 

 

 

 

 

 

 

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