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Ein Ende in Sicht?

Horthy stoppt Deportationen

Note der Neutralen Mächte

Berichte von Wallenberg

Wallenberg denkt an eine Rückkehr nach Schweden

Deutsche Reaktionen auf die Aktivitäten Wallenbergs

 

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Horthy stoppt Deportationen

Adolf Eichmann hatte die Deportation der Budapester Juden für den 5. August 1944 geplant. Horthy, dem bewußt war, daß sich die Alliierten auf dem Vormarsch befanden, wollte sich gut mit ihnen stellen. Er wollte daher die Deportationen verhindern. Horthy entließ den Innenminister Andor Jaross und einige dessen Mitarbeiter. Eichmann verschob daraufhin den Deportationstermin auf den 25. August. Als Raoul Wallenberg davon erfuhr, berief er eine Zusammenkunft aller Legationschefs der neutralen Staaten unter der Leitung von Nuntius Angelo Rotta ein. Gemeinsam wurde eine Note verabschiedet, welche sich gegen die Deportation richtete.

 

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Note der Neutralen Mächte

"Die unterfertigten Vertreter der neutralen Mächte in Budapest erfuhren zu ihrer schmerzlichen Überraschung, daß die Deportation aller ungarischen Juden bald wieder beginnen soll. - Wir habe auch davon Kenntnis - und zwar aus völlig sicherer Quelle -, was die Deportation in den meisten Fällen, auch wenn sie mit der Bezeichnung "Arbeit im Ausland" getarnt ist, bedeutet. Abgesehen von der Tatsache, daß diese neuerlichen Deportationen in Ihrem Land, das schwer genug von den bisherigen Deportationen betroffen ist, ein tödlicher Schlag für Ungarns Ruf wären, betrachten die Vertreter der neutralen Mächte es, veranlaßt von den Empfindungen menschlicher Solidarität und christlicher Liebe, als ihre Pflicht, gegen dieses, von Anfang an ungerechte und in der Ausführung unmenschliche Vorgehen energisch Protest zu erheben. Es ist ganz unzulässig, Menschen wegen des einfachen Faktums ihrer Abstammung zu verfolgen und in den Tod zu treiben.

Sie bitten die ungarische Regierung, mit diesem Vergehen gegen die Ehre der Menschheit, das sie nie hätte beginnen dürfen, endgültig Schluß zu machen. Sie geben der Hoffnung Ausdruck, daß Ungarn, seine alte Tradition fortsetzend, im Geiste der Ritterlichkeit und tiefen Christlichkeit zu den Prinzipien und Methoden zurückkehrt, die ihm in der Reihe der Kulturnationen eine so hervorragende Stellung gesichert haben.

Budapest, 21. August 1944

Der Apostolische Nuntius Angelo Rotta

Der schwedische Minister Carl Joan Danielsson

Der portugiesische Geschäftsträger Carlos de Liz-Texeira Branquino

Der Schweizer Geschäftsträger Antoine J. Kilchmann"

(Levai "Geheime Reichssache", S. 42)

 

Am 24. August ergab sich Rumänien den Russen und erklärte Deutschland und Ungarn den Krieg. Ungarns südliche Grenze war offen. Horthy sagte die Deportationen sofort ab. Ebenso befahl Himmler aus Berlin Eichmann, die Deportationen einzustellen. Adolf Eichmann war gezwungen, Budapest zu verlassen. Horthy bildete eine gemäßigtere Regierung und schloß die extremistische nazi-orientierte Partei aus.

 

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Berichte von Wallenberg

Regelmäßig berichtete Wallenberg an das schwedische Außenministerium über seine Arbeit und die Erfolge. Es folgen Auszüge aus zwei solcher Berichte:

 

Bericht vom 29. September 1944

"(...) Die Gesandtschaft war bereits erfolgreich in der Befreiung einer Zahl von Juden, die in der Columbus-utca interniert waren. Weitere 500-600 wurden aus den Internierungslagern befreit. Die Mehrzahl von diesen besitzt Schutzpässe. (...)

Zur Zeit ist beabsichtigt, 5000 Budapester Juden zu beschäftigen und später vielleicht weitere 10.000, um Panzerfallen um die Stadt zu bauen und Bombenschäden zu beseitigen.

Der erste Transport von Juden zu den Stadträndern von Budapest ging heute. Sie sind in allen Beziehungen ärmlich ausgerüstet (...).

Die Vereinbarung zwischen Ungarn und Deutschland, Budapest judenfrei zu machen und sie in die Provinz zu verlegen, wurde so weit von den Ungarn sabotiert, kein einziger Jude hat aufgrund dieser Abmachung Budapest verlassen.

Organisation: Unsere Arbeit ist infolge der Luftangriffe sehr schwierig geworden. (...) Die größte Anzahl der Beschäftigten, die wir bis jetzt haben, liegt bei über 115 Personen. Einigen unserer Beschäftigten wurde mitgeteilt, daß der Abteilungsstab langsam verringert wird. (...) Vierzig Arbeiter werden ihre Arbeitsausweise der Gesandtschaft zurückgeben. Sie mögen ihre Identitätskarten, die vom örtlichen Innenministerium ausgestellt wurden, selbst nach Verlassen unserer Beschäftigung zurückbehalten, da dies sie berechtigt, den Davidsstern zu entfernen und sie vom Arbeitsdienst befreit. (...) Übereinstimmend mit den jetzigen Plänen sind etwa 4.500 Schutzpässe auszustellen. Bis jetzt wurden wirklich 2.700 ausgestellt. Natürlich ist es extrem schwierig die übrigen Pässe unter den Bewerbern zu verteilen. Viele Berichte erreichen uns, die andeuten, daß einige Leute finanzielle Opfer machen, um einen Schutzpass oder einen provisorischen Paß zu erhalten. (...)

Erzielte Ergebnisse: Unser ganzes Personal mit ihren Familien, insgesamt 300 Leute, sind vom Tragen des gelben Sterns und vom Arbeitsdienst ausgenommen. Inhaber von schwedischen Pässen, die in den Arbeitsdienst einberufen wurden, werden von ihren Einheiten nach Budapest zurücküberstellt. (...) Die generelle Befreiung von den meisten der Internierten kann größtenteils unserer Abteilung angerechnet werden. (...) Die Anzahl der Juden, die vom Tragen des gelben Sterns befreit sind, ist 1.100 von den insgesamt 4.500, welche uns garantiert sind.

Budapest, 29. September 1944 Raoul Wallenberg"

 

Bericht vom 12. Oktober 1944

"Seit meinem letzten Bericht hat sich die Situation verbessert. Die Freilassung der Leute, welche interniert waren, ist jetzt vollständig erreicht. (...) Der Transport von Juden zu Arbeiten für die Verteidigungsvorbereitungen hat begonnen. Ihre Behandlung ist, soweit wir es beurteilen können, nicht unmenschlich. Der Rückruf von Zwangsarbeitern, die Schutzpässe besitzen, dauert an. Als ein Ergebnis von den Vorteilen der russischen Panzer, sind die Juden hoffnungsvoll, daß die spezielle Behandlung gegen sie aufhören wird. Die meisten von ihnen entfernen den gelben Stern aufgrund ihrer eigenen Überzeugung. Befürchtungen bestehen, daß die Deutschen in der letzten Minute einen Pogrom starten, es sind aber keine Anzeichen dafür vorhanden. (...)

Organisation: In Blick auf die jüngsten Ereignisse hat sich die Arbeitslast der Abteilung vermehrt, und es wurde unmöglich, sie zu demontieren. (...) Die Größe meines Personales, welches sich mit der Arbeit der Zwangsarbeiter beschäftigt, mußte dreimal erweitert werden. (...) In Verbindung mit dem Roten Kreuz planen wir ein Krankenhaus zu eröffnen. (...)

Budapest, 12. Oktober 1944 Raoul Wallenberg"

(Levai "Wallenberg", S. 72 f, 76 f)

 

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Wallenberg denkt an eine Rückkehr nach Schweden

Auf Grund der Entspannung verringerte Wallenberg seinen Mitarbeiterstab auf etwa 100 Angestellte. Er erreichte, daß die Ausgangszeit für Juden verlängert wurde. Raoul Wallenberg glaubte, daß seine Aufgabe damit beendet war. Am 12. Oktober schrieb Wallenberg seiner Mutter, er hoffe, rechtzeitig vor dem Einmarsch der Russen nach Schweden abreisen zu können. "Ich habe ein Gefühl, daß es schwierig sein wird, wegzukommen", schrieb Wallenberg, "denn ich muß ja mit meiner Abteilung so lange bleiben, wie irgend möglich ..." Die Rote Armee befand sich Anfang Oktober nur noch 80 km südlich von Budapest.

 

 

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Deutsche Reaktionen auf die Aktivitäten Wallenbergs

Der deutsche Gesandte Edmund Veesenmayer berichtete dem Auswärtigen Amt in Berlin in verschiedenen Telegrammen über die Aktivitäten neutraler Staaten in Budapest in Bezug auf den Schutz von Juden.

Telegramm von Veesenmayer an das AA (15.9.1944)

"Nach hiesigen Beobachtungen nimmt zugleich mit zunehmender Versteifung ungarischer Haltung in Judenfrage, namentlich offensichtlicher Verzögerung der Durchführung der angekündigten Evakuierung der Juden aus Budapest in eigener Regie, Aktivität ausländischer Stellen zu, ungarische Juden durch Ausstellung von Schutzpässen oder Zuerkennung ausländischer Staatsangehörigkeiten in Schutz zu nehmen. Besonders auffällig in diesem Zusammenhang ist Verhalten hiesiger schwedischer Gesandtschaft, die über die seinerzeit angekündigte Ziffer von 400 bzw. 650 Personen nunmehr nach offizieller Mitteilung an ungarisches Aussenministerium bereits Schutzpässe an rund 6000 ungarische Juden ausgestellt hat und für alle diese Juden Auswanderungsmöglichkeit fordert. Ungarische Kreise kritisieren auch, dass hiesiger schwedischer Gesandter sich auffällig in Gesellschaft seiner Schutzjuden öffentlich zeigt, die mit Aushändigung schwedischen Schutzpasses den Judenstern abgelegt haben."

 

Notiz von Grell an das AA (29.9.1944)

"Der Leiter der politischen Abteilung im ungarischen Aussenministerium, Legationsrat von C h o p e y, sprach mich gestern im Anschluss an die von mir bereits gemeldeten Ereignisse bei der hiesigen Schwedischen Gesandtschaft an und erklärte mir folgendes:

Über das Verhalten der hiesigen Schwedischen Gesandtschaft in Bezug auf die wahllose und unbegrenzte Ausstellung von schwedischen Schutzpässen an ungarische Juden herrscht in ungarischen Regierungskreisen zurzeit grosse Empörung um so mehr, als die Schwedische Gesandtschaft in einer ziemlich anmassenden Note besondere Schutzforderungen für diese Juden formell gestellt habe. Er, Chopey, habe dafür gesorgt, dass die Schwedische Gesandtschaft entsprechend sehr deutlich und in scharfem Ton zurechtgewiesen worden sei. Man habe ungarischerseits den festen Eindruck, dass die Schweden und auch die Schweiz mit der Ausstellung dieser Schutzpässe und der Stellung von Schutzforderungen garnicht mehr die faktische Ausreise von Juden aus Ungarn erreichen wollten, vielmehr bestrebt seien, möglichst keine Juden in ihren Ländern aufzunehmen, sondern dies einzig und allein täten, um sich bei den Engländern und Amerikanern eine gute Zensur zu verschaffen. Dass dies auf ungarische Kosten geschähe würde ungarischerseits eben als besonders empörend empfunden."

(Braham, "Destruction", S. 484 und S. 768)

 

 

 

 

 

 

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