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Würdigungen der Person und der Taten Wallenbergs

Ehrung durch die jüdische Gemeinde in Budapest:

Ronald Reagans Ansprache zur Ehrenbürgerschaft:

Erklärung der Bundesregierung vom 1.9.1989:

Per Anger über Wallenberg:

Weitere Würdigungen

 

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Ehrung durch die jüdische Gemeinde in Budapest:

"Der Präsident verkündet den feierlichen Anlaß der Versammlung:

Wir gedenken des Sekretärs der Königlich-Schwedischen Gesandtschaft, des Herrn Raoul Wallenberg. Sein Name ist jedem in Ungarn, einem Lande, das von deutschen Besatzungstruppen und ungarischen Banditen zerstört wurde, wohlbekannt. In immerwährender Dankbarkeit werden alle ungarischen Juden seiner stets gedenken. Wallenberg ist der Held unserer Zeit. Als das schlimmste Gottesurteil über uns hereinbrach, bestand er tausend Gefahren, nur um uns zu helfen. Freiwillig hielt er inmitten des Entsetzens aus und setzte sein Leben für uns ein. Tausende unserer unglücklichen Glaubensbrüder bewahrte er vor der Ausrottung, und alle ungarischen Juden, die am Leben blieben, verdanken es allein ihm. Wenn wir im Tempel zu Gott beten, so schließen wir Raoul Wallenberg in unsere Gebete ein, ihn, unseren Wohltäter und Retter in den Tagen ärgster Bedrängnis.

Die Schreckenszeit, in der die Juden dieses Landes nur noch gejagte Tiere waren, als Tausende von jüdischen Gefangenen sich auf den Tod vorbereiteten, ist uns allen noch sehr lebendig. Wir entsinnen uns der grauenhaften Konzentrationslager, der Abfahrt jener Züge, die, mit Menschen überfüllt, in den Tod rollten, des qualvollen Leids in den Gettos und der erbitterten Angriffe auf die unter internationalem Schutz stehenden Häuser.

Doch wir gedenken dabei gleichzeitig des größten Helden jener entsetzlichen Tage des Schreckens, des Königlich-Schwedischen Legationssekretärs Raoul Wallenberg, der es wagte, einer Zwangsregierung und ihren bis an die Zähne bewaffneten Handlangern zu trotzen. Wir waren Zeugen, als er die Gefangenen befreite, den Leidenden Linderung brachte und den Verfolgten schon half, weil er unter ihnen aushielt. Mit übermenschlicher Kraft, nie ermüdend und sich jeder Gefahr aussetzend, brachte er die Kinder zu den Eltern heim, aus deren Armen man sie gerissen hatte, oder er befreite alte Eltern aus den Händen der Peiniger. Wir sahen, wie Raoul Wallenberg den Hungernden Essen und den Kranken Medizin beschaffte. Niemals werden wir ihn vergessen, sondern ihm immerdar dankbar sein. Ihm und der schwedischen Nation, denn die schwedische Flagge war es, die uns den Schlaf sicherte, die Tausende von Juden beschützte.

Raoul Wallenberg ist ein rechtschaffener Mann. Gott segne ihn!"

Sitzungsprotokoll des Vorstands der Jüdischen Gemeinde von Budapest vom 21. Juni 1945.

(Wulf , S. 64f)

 

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Ronald Reagans Ansprache zur Ehrenbürgerschaft:

"Heute unterzeichne ich dieses Dokument mit dem Raoul Wallenberg zum Ehrenbürger der Vereinigten Staaten ernannt wird. Aber weil er nun US Bürger wird, sind wir eigentlich diejenigen, die geehrt werden.

Raoul Wallenberg ist der schwedische Retter von mehr als 100 000 jüdischen Männern, Frauen und Kindern. Was er tat, was er erreichte war von biblischem Ausmaß. Sir Winston Churchill, ein anderer Mann von Stärke und Mut, ist die einzige Person bisher, die die Ehrenbürgerschaft der Vereinigten Staaten erhalten hat, und wie John F. Kennedy damals bei dem Festakt sagte:

"Furchtlos vor den Gefahren, engagierte er sich für das Leid der Anderen." Diese Mitmenschlichkeit zeichnet jenen Mann aus, dessentwegen wir uns heute hier versammelt haben. Im Jahre 1944 baten die Vereinigten Staaten Schweden um Mithilfe, um den ungarischen Juden, die drohende Vernichtung von den Nazis vor Augen, zu Hilfe zu kommen.

In den folgenden Monaten sorgten die Vereinigten Staaten dann für die entsprechenden finanziellen Mittel und für die Direktiven und Raoul Wallenberg brachte den Mut und die Hingabe mit. Wie können wir den moralischen Wert eines Mannes erfassen, der Zehntausende von Menschenleben rettete, einschließlich jene von unserem Kongreßmitglied Lantos und seiner Frau.

1945 wurde er unter Verletzung der diplomatischen Immunität und der internationalen Gesetze durch die Sowjet Union gefangen genommen. Wo er heute auch sein mag, seine Menschlichkeit brennt wie eine Fackel.

Die Nazis waren weg und die Sowjets waren als Verbündete gekommen, und dennoch gibt es Beweise dafür, daß er immer noch in sowjetischer Gefangenschaft ist.

Ich hörte jemanden sagen, daß ein Mensch dann anfängt den Sinn menschlichen Lebens zu erkennen, wenn er schattige Bäume pflanzt, von denen er weiß, daß er unter diesen niemals sitzen wird. Raoul Wallenberg ist so jemand. Er rettete jenen das Leben, die er nie persönlich kennenlernte und riskierte dabei sein eigenes. Und dann wurde ich kürzlich darüber informiert, daß ungarische Juden, die heute in Schweden leben, hinter dem Holocaust Denkmal in Israel, 10 000 Bäume zu Ehren Wallenbergs gepflanzt haben.

Frau Lagergren, Herr von Dardel, sie können versichert sein, daß wir alles tun werden, im Rahmen unserer Möglichkeiten, daß ihr Bruder unter jenen Bäumen sitzen kann und sich über den Respekt und die Liebe freuen kann, die so viele für ihn aufbewahrt haben."

Rede anläßlich der Unterzeichnung der Urkunde über die Verleihung der Ehrenbürgerschaft der USA an Raoul Wallenberg am 22. September 1981

(Ströbinger, S. 240 f)

 

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Erklärung der Bundesregierung vom 1.9.1989:

"Ich möchte hier auch an einen Mann erinnern, der für mich zu den großen Helden des 20. Jahrhunderts zählt, an Raoul Wallenberg. Er setzte 1944, im Alter von 32 Jahren, sein Leben ein, um in Budapest hunderttausend von Ermordung bedrohten Juden das Leben zu retten. 1945 wurde er in die Sowjetunion verschleppt. Er ist seitdem verschollen.

In meinen Gesprächen habe ich Generalsekretär Gorbatschow auf das ungeklärte Schicksal dieses großen, mutigen Mannes hingewiesen. Ich hoffe sehr, daß in dieser Epoche des Wandels, in der in Staaten des Warschauer Pakts auch über das bedrückende Erbe des Stalinismus frei gesprochen wird, das Schicksal Raoul Wallenbergs wirklich überzeugend geklärt werden kann. Ich begrüße es sehr, daß die sowjetischen Behörden kürzlich Angehörige von Raoul Wallenberg nach Moskau eingeladen haben."

Bundeskanzler Dr. Kohl, Erklärung der Bundesregierung zum 50. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs.

(Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll II/154, 1. September 1989)

 

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Per Anger über Wallenberg:

"Menschen in aller Welt haben mittlerweile von Raoul Wallenbergs außerordentlicher Rettungsaktion zugunsten ungarischer Juden während des Zweiten Weltkriegs gehört. Neuere Dokumentationen, die in einer Reihe von Länder herausgekommen sind, haben den Blick der Öffentlichkeit für seine Rolle geschärft. Die 1985 ausgestrahlte amerikanische Fernsehkurzserie "Wallenberg", die von vielen Millionen Menschen auf der ganzen Welt gesehen wurde, war in dieser Hinsicht besonders wichtig.

Während meiner Vortragsreisen im Rahmen der internationalen Bemühungen, eine Freilassung Raoul Wallenbergs aus der Sowjetunion zu erreichen, wurde ich sowohl in Schweden als auch im Ausland oft gefragt, wie es möglich gewesen sei, eine so große Anzahl von Menschen - etwa 100 000 - vor den Nazihenkern zu retten. Die entscheidende Antwort:

Raoul Wallenberg war der richtige Mann am richtigen Ort, wenn man die damalige Situation berücksichtigt. Wenn er auch nicht das war, was man gemeinhin unter einem Helden versteht, so war er doch ein furchtloser, geschickter Unterhändler und Organisator. Zudem war er ein guter Schauspieler, eine Fähigkeit, die ihm bei seinen Auseinandersetzungen mit den Nazis zustatten kam. Er vereinigte in sich zwei unterschiedliche Persönlichkeiten. Uns, seinen Mitarbeitern, zeigte er das Ruhige, Humorvolle, Intellektuelle und Warmherzige seines Wesens. Eine andere Seite offenbarte er gegenüber den Nazis: er verwandelte sich in eine aggressive Person, die sie bei einer Gelegenheit anschreien und ihnen drohen konnte, ihnen bei anderer schmeichelte und sie sogar bestach, ganz wie es die Umstände verlangten. Sie waren von ihm beeindruckt und kamen seinen Forderungen meistens nach. Eine der Gründe dafür war natürlich sein schwedischer Diplomatenstatus, den die Deutschen nicht anzutasten wagten.

Weder Raoul noch seine Mitarbeiter ahnten anfangs, was für ein Ausmaß seine Rettungsaktion schließlich annehmen würde. In einer Situation, in der Budapest mehr und mehr zum Schlachtfeld wurde, war Raoul gezwungen, um immer höhere Einsätze zu spielen. Es regnete Bomben, und die sowjetischen Truppen näherten sich bereits den Vorstädten. Als ich Raoul Wallenberg (am 10. Januar 1945) das letzte Mal sah, drängte ich ihn, sich in Sicherheit zu bringen, zumal die Pfeilkreuzler - die ungarischen Nazis - gezielt nach ihm fahndeten und er infolgedessen ein großen Risiko auf sich nahm, wenn er mit seiner humanitären Arbeit fortfuhr.

Seine Antwort war typisch: "Für mich gibt es keine andere Wahl. Ich habe diese Aufgabe übernommen, und ich könnte nie nach Stockholm zurückkehren, wenn ich nicht die Gewißheit hätte, daß ich alles in menschlicher Macht Stehende getan habe, um so viele Juden wie möglich zu retten."

Und er machte weiter, bis er selbst gefangen genommen wurde - nicht von den Nazis, sondern von der Roten Armee."

Per Anger, ehemaliger Botschafter, war während des Krieges als schwedischer Gesandtschaftssekretär in Budapest tätig.

(Larsson, S. 1)

 

 

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Weitere Würdigungen

Raoul Wallenberg wurde von Israel, Kanada und den USA zum Ehrenbürger ernannt. Die belgischen Universitäten verliehen ihm die Ehrendoktorwürde. Briefmarken zu Ehren Wallenbergs erschienen in Israel, Schweden, Ungarn und der USA, während in Deutschland die Bemühungen um eine Briefmarke erfolglos blieben. Sichtbare Zeichen für die Anerkennung von Wallenbergs Taten sind vor allem die Denkmäler, die ihm zu Ehren z.B. in Budapest, Buenos Aires, London, Melbourne, New York oder Sydney errichtet wurden. Straßen, Parks und Institutionen tragen seinen Namen. Wallenberg-Straßen gibt es auch in Berlin und Leverkusen. In Berlin-Weißensee und Dorsten wurden Schulen nach Wallenberg benannt.

An einer Feierstunde zur Erinnerung an den 50. Jahrestag der Gefangennahme Wallenbergs und seines Chauffeurs Langfelders nahm im schwedischen Reichstag das Königspaar teil. Auch im U.S. Holocaust Memorial Museum, welches sich am Raoul Wallenberg Place in Washington befindet, wurde im Januar 1995 an Wallenberg erinnert. Neben Wallenbergs Halbbruder Prof. Guy von Dardel würdigten Per Anger und Vizepräsident Al Gore Wallenberg. Aus gleichem Anlaß wurde im Landtag von Rheinland-Pfalz die Wallenberg-Ausstellung gezeigt. Landtagspräsident Grimm bedauerte, daß Wallenbergs Schicksal auch nach 50 Jahren nicht geklärt werden konnte.

Am 9. März 1995 wurde die Ausstellung in der Landesvertretung von Brandenburg in Bonn eröffnet. In Anwesenheit von Bundespräsident Roman Herzog äußerte Prof. Guy von Dardel, daß Wallenberg auch heute noch am Leben sein könnte. Die Suche muß weitergehen.

Gemeinsam mit dem russischen Bürgerrechtler Sergej Kowaljow wurde an Raoul Wallenberg im September 1995 der Menschenrechtspreis des Europarates verliehen.

Seine Dankesrede begann Kowaljow in Straßburg mit folgenden Sätzen:

"Diese hohe Ehre, die mir vom Europarat, der mir den Menschenrechtspreis verliehen hat, erwiesen wurde, ist schmeichelhaft und macht mich sogar etwas verlegen. Meines Erachtens ist das Interesse an meiner bescheidenen Arbeit vielleicht etwas übertrieben, wenn ich sie mit der selbstaufopfernden Arbeit von Raoul Wallenberg vergleiche. Für seinen hohen Dienst an den Idealen des Humanismus, für die Errettung Hunderter von menschlichen Leben, für den Kampf mit dem Dämon Faschismus, erhielt er zu seinen Lebzeiten nur eine Auszeichnung: Gefangenschaft und Gefängnis, nur eine Ehrung: das Martyrium. Es ist zutiefst symbolhaft, daß Raoul Wallenberg für den Kampf mit einem totalitären Regime, mit dem faschistischen, durch ein anderes totalitäres Regime, das kommunistische, zum Leiden verurteilt war. Die kommunistischen Machthaber haben jahrzehntelang die Wahrheit über das Schicksal von Raoul Wallenberg geheimgehalten. Deren Erben wollen auch heute seinen Schatten nicht befreien. Damit haben sie aber nur eines erreicht: daß Wallenberg lebt, glauben nicht nur seine Verwandten, nicht nur die von ihm geretteten Menschen: Daran glauben Tausende Menschen guten Willens in der ganzen Welt. Und tatsächlich lebt er - als Symbol der Idee des Guten, als Verkörperung der Freiheit und der Menschenwürde."

(Menschenrechte (IGFM) November/Dezember 1995, S. 7)

In einem Grußwort zur Ausstellungseröffnung führte UN-Generalsekretär Kofi Annan im Februar 1998 aus, daß Wallenbergs Lebensleistung "zu den bemerkenswertesten und beispielhaftesten dieses Jahrhunderts" gehört. Annan schrieb weiter:

"Letztes Jahr wohnte ich in London der Enthüllung des Wallenberg-Denkmals bei. Dieses Ereignis bewegte mich besonders - sowohl in meiner Eigenschaft als Generalsekretär als auch persönlich: - denn Raoul ist der Onkel meiner Ehefrau.

Raouls Leben und seine Errungenschaften werfen ein besonderes Licht auf seine Rolle als unbeteiligtem Beobachter, also der dritten Person zwischen Konflikt und Leiden. Sein Eingreifen gab den Opfern Hoffnung, ermutigte sie zu kämpfen, nicht nachzugeben und Zeugnis abzulegen.

Sein Leben weckt unser kollektives Gewissen. Jedoch bleibt das Rätsel: warum gab es so wenige Raouls?

Das Andenken an ihn sollte ein Ansporn sein für andere, ebenfalls zu handeln, für künftige Generationen zu handeln, für uns alle zu handeln."

 

 

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